Wenn der CFO am Kundenmanagement Cockpit Freude haben soll

Von Prof. Dr. Nils Hafner und Rémon Elsten

Der Kundenservice wird vom Top Management nach wie vor in den meisten Organisation als reines Cost Center wahrgenommen. Gleichzeitig stellen viele Unternehmen hohe Beträge zur Verfügung, um neue Customer Experience Abteilungen zu gründen, WOW-Momente zu gestalten und bezahlen teure Strategie-Berater, um eine CX Strategie zu entwickeln. Und das ohne nennenswerte Effekte, da gleichzeitig im Kundenservice gespart wird. Dieser Widerspruch kann durch ein geschickt angelegtes Management-Cockpit mit den richtigen Kennzahlen behoben werden. Dieses soll dazu dienen, die Kosten- und Nutzeneffekte einer kombinierten CX und Service-Excellence Strategie transparent zu machen und dem Unternehmen eine Richtung zu weisen. Dieser Artikel kann daher als Diskussionsgrundlage für gemeinsam vereinbarte Ziele zwischen den Bereichen Operations und Finanzen sowie Marketing und Vertrieb angesehen werden.

Betrachten wir zunächst die Ausgangslage: Die Mehrheit der von uns in diesem Jahr befragten Serviceorganisationen misst die klassischen Kennzahlen wie Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit (in der Regel durch HR oder Marketingabteilungen) sowie auf der operativen Ebene des Kundenservices die Erstlösungsquote und den Service Level. Das mag für die einzelnen Silos eine gute Orientierungshilfe zur Steuerung ihrer internen und externen Services sein, hilft aber nicht, ein gemeinsames Bild für die Steuerung des Unternehmens zu erhalten, da der Zusammenhang beispielsweise zwischen Erstlösungsquote (FCR) und Kundenzufriedenheit, sowie Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit und der Effekt auf Profitabilität und Wachstum (den die übergeordnete Instanz der Geschäftsleitung interessiert) nicht transparent gemacht werden kann.

Auch ist die Führung mit strategischen Kennzahlen wie der Anzahl wertschöpfender Kundenkontakte, der Self-Service-Quote oder der Servicekosten pro Kunde noch nicht sehr weit verbreitet. Dabei geben gerade diese Kennzahlen, im Zeitverlauf gemessen, sehr guten Aufschluss über die strategische mittel- und langfristige Entwicklung des Kundenmanagements im Hinblick auf eine differenzierende CX und eine kosteneffiziente Service-Excellence.

Abbildung: Messung der strategischen KPI im Kundenmanagement

Wir möchten uns auf diese 9 Kennzahlen konzentrieren, zu denen uns im Service-Excellence Cockpit Vergleichswerte der vergangenen fünf Jahre vorliegen, und Ihnen konkrete Vorschläge für eine Zusammenstellung in einem unternehmensweiten CX-Cockpit machen.

Damit erhalten Sie die Basis für einen Service Strategie und die relevanten Inhalte für einen wichtigen Gesprächspartner: der CFO.

Vier Kennzahlen, die heute schon gemessen werden und ihr Wert für ein ganzheitliches Cockpit

1.  Service Level

Der Service Level ist die Kennzahl, deren Wert für die Steuerung am meisten überschätzt wird. Der Servicelevel ist ein Ziel-Wert für die Errechnung und Planung der Anzahl Mitarbeiter (FTE) und der benötigten Anzahl Telefonlinien nach der Erlang-Formel der Schichtplanung. Es handelt sich also um einen willkürlich festgelegten Zielwert, um die Erreichbarkeit des Unternehmens zu planen. Je nach Servicevolumen wird dieser Zielwert erreicht oder nicht. Der Service Level ist keine Steuerungsgrösse und dazu sicher nicht strategisch, da er willkürlich (mit mehr Personal bzw.Geld) verändert werden kann.

Wir empfehlen in diesem Zusammenhang die Anwendung von Service Leveln zu überdenken und dafür relevantere Kennzahlen aus dem Service-Excellence-Cockpit zu definieren, wie beispielsweise die generelle Erreichbarkeit und eventuell die «Lost Calls/Chats» zu messen und damit zu verstehen, wie lange ein Kunde bereit ist zu warten. In diesem Zusammenhang kann man dem Kunden beispielsweise einen Rückruf zu einem Zeitpunkt seiner Wahl anbieten.

2. Erstlösungsquote (First Contact Resolution Rate, FCR)

Die First Contact Resolution Rate (FCR) oder Erstlösungsquote eines Anliegens hat einen direkten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und ist daher eine ausgesprochen wichtige Kennzahl. Die meisten Mitglieder des Senior-Managements haben dies mittlerweile auch verstanden und integrieren sie immer häufiger in den Zielen der Customer Service Organisation. Was dabei leider vergessen geht, ist die Tatsache, dass es nicht einen generellen Wert für die First Contact Resolution gibt. Die Berechnung ist dabei abhängig von den Leistungen und der Anzahl und Art der abgewickelten Geschäftsfälle des Service Centers. Es gibt also verschiedene First Contact Resolution Werte. Zeit zu klären wie die FCR definiert und berechnet werden kann.

Die First Contact Resolution Rate (FCR) gilt als objektive Prozess-Kennzahl, weil sie der Lösung eines Kundenanliegens entspricht. Regressionsanalysen belegen mittlerweile die Wirkungen einzelner Massnahmen zur Verbesserung der Servicequalität. Diese Wirkungsanalysen zeigen deutlich auf: die FCR beeinflussen sowohl die Mitarbeiterzufriedenheit als auch die Kundenzufriedenheit positiv. Dieser Zusammenhang lässt sich mathematisch aus den Daten des Service Excellence Cockpits berechnen.

Die FCR definieren wir im Service-Excellence-Cockpit im Regelfall zunächst aus Kundensicht. Der Kunde erwartet das Entgegennehmen und Lösen eines Anliegens beim ersten Kundenkontakt. Messbar wird es also, wenn der Kunde zum gleichen Anliegen nicht nochmals Kontakt aufnimmt. Internes Nachfragen oder Weiterleiten eines Anliegens wirken sich dieser Definition zufolge neutral auf die Berechnung der FCR aus. Die Beantwortung des Kundenanliegens kann demzufolge auch durch einen anderen Kanal erfolgen.

In der Praxis wird die FCR jedoch oft aus interner Sicht und nur bei telefonischen Kontakten gemessen. Häufig arbeiten Unternehmen mit folgender Definition:

Anzahl eingehende Anrufe minus die Anzahl weitergeleitete geteilt durch die Anzahl eingehende Anrufe.

Diese Definition zeigt auf wie oft die Mitarbeitenden einen Anruf weiterleiten und geht davon aus, dass die nicht weitergeleitete Anrufe gelöst wurden. Mit dieser Definition kann tatsächlich in gewissen Fällen die interne FCR gemessen werden, die Kundensicht aber nicht. Es gibt aber genügend Fälle, bei denen die interne Sicht der FCR auch ein sinnvolles Kriterium ist. Deshalb ist es wichtig, bevor Sie sich mit FCR befassen zu definieren, was die Aufgaben und Ziele des Kundenservice sind.

In diesem Zusammenhang empfehlen wir einen Service Katalog des Kundenservice aufzusetzen und den jeweiligen Erledigungsgrad pro Service zu definieren. Im Anschluss gilt es, das genaue Messverfahren für die FCR festzulegen und Zielwerte zu definieren.

3. Mitarbeiterzufriedenheit

Der Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit ist seit den umfangreichen Untersuchungen zur Service-Profit-Chain vor etwa 25 Jahren gut dokumentiert. Auch aus den Befragungen des Service-Excellence-Cockpits lässt sich dieser Zusammenhang quantifizieren. So können wir sogar den Zusammenhang zwischen Erstlösungsquote, Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit auf Basis der Datenpunkte aus 225 Unternehmen in den letzten fünf Jahren darstellen:

Abbildung: Wirkungsanalyse FCR – Mitarbeiterzufriedenheit – Kundenzufriedenheit

So führt eine 7% höhere Erstlösungsquote zu einer 15% höheren Mitarbeiterzufriedenheit, da Kunden nicht mehrfach wegen desselben Problems anrufen, weniger genervt sind und die Gespräche reibungsloser und schneller ablaufen. Diese Mitarbeiterzufriedenheit führt auch zu 4,2% höherer Kundenzufriedenheit, da die Mitarbeiter neben der schnellen Problemlösung auch freundlich sind und willens, sich schnell in die Problemstellung des Kunden einzudenken. Kompetent und sympathisch halt.

Problematisch an der Messung der Mitarbeiterzufriedenheit ist dabei, dass die von uns befragten Unternehmen, die Messung meist nicht regelmässig und in sinnvollen Intervallen durchführen. Das ist jedoch unumgänglich, um Optimierungspotentiale zu finden und die MA ständig zu fördern und motivieren. Gerade im Kundenservice kommt es hier zu Burn-out oder Bore-Out Syndromen, die zu einer erhöhten Fluktuation führen, mit der Wissensverlust, Reduktion der Erstlösungsquote und damit eine verringerte Kundenzufriedenheit einher gehen.

4. Kundenzufriedenheit

In der Praxis hat sich die Messung der Kundenzufriedenheit oder des Net Promotor Score (NPS) in den letzten Jahren zu einem weltweiten Standard entwickelt. Vorstände und Geschäftsleitungen haben den Wert solcher Kennzahlen inzwischen verstanden und fordern deren Messung und Steuerung. Aber ist diese Kennzahl wirklich der Wahrheit letzter Schluss und eignet Sie sich dementsprechend für die Messung der Kundenorientierung im Kundeservice?

Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass der NPS einfach zu verstehen und einfach zu erheben ist. Also vorstandstauglich, wie unsere Beratungskollegen sagen würden. Und das macht ihn so erfolgreich: Organisationen wie beispielsweise die Allianz Versicherung oder Sunrise steuern inzwischen ihr gesamtes Geschäftsmodell nach diesem Score. Dahinter steht die Frage: „Würden Sie uns weiterempfehlen?“  Der Kunde antwortet auf einer 11er Skala von „0“ bis „10“. Die Gruppe derjenigen, welche „9“ oder „10“ geantwortet haben, nennt man (vollkommen willkürlich) die „Promotoren“. Diese empfehlen das Unternehmen häufig weiter und sind vor allem langfristig emotional gebunden. Die Anzahl der Promotoren ist also eine Art „gemeinsame Währung“ für die Qualität der Kundenbeziehung. So weit, so gut.

Jedoch zeigen sich bei dieser Art der Messung vor allem langfristige Einschätzungen der gesamten Kundenbeziehungen. Auch ist nicht gesagt, dass der befragte Kunde überhaupt in letzter Zeit Kontakt mit einem Touchpoint hatte.

Über den NPS hinaus existiert mit der Messung der Kundenzufriedenheit ein zweiter Erfolgsindikator, der (zumindest wissenschaftlich) weit besser erforscht ist. Ebenso gibt es mit dem Customer Effort Score eine Kennzahl, die den gefühlten Aufwand des Kunden misst, den er benötigt, um sein Anliegen zu erledigen bzw. durch das Unternehmen erledigt zu bekommen. Und gerade das ist ja im Kundenservice wichtig, wie uns auch das Service-Excellence Cockpit zeigt. Akademische Publikationen und die Diskussion mit Praktikern zeigen, dass es sinnvoll ist, für die optimale Beeinflussung der Kundenerfahrung mit einem Unternehmen eine Kombination dieser Kennzahlen zu wählen.

Für die Führung mittels solcher Kennzahlen ist Transparenz angebracht. Ebenso haben Gesellschaften inzwischen weltweit bonusrelevante Gehaltsteile an bestimmte Kundenorientierungs- vor allem NPS-Ziele angepasst. Das motiviert natürlich zu Spitzenleistungen.

Wichtig ist, gerade bei recht generalistischen Bewertungen der Kundenbeziehung das „Warum“. Wie ist die Bewertung zustande gekommen? Liegt es am Agenten? Gab es keine oder nur eine für den Kunden unbefriedigende Lösung? Oder was genau hat den Kunden begeistert? Daher sollten gerade die NPS Gruppen der „Detraktoren“ und der „Promotoren“ zu den Ursachen der Bewertung befragt werden. Nur so kann die Organisation, aber auch der einzelne Mitarbeiter lernen, was genau Kunden im Kontakt mit dem Unternehmen begeistert oder frustriert. Gerade die Verknüpfung zwischen der Auswahl des Kennzahlen-Sets und der Lernschleifen im Unternehmen hat sich in der Praxis als zielführend erwiesen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, Befragungen nicht allzu häufig durchzuführen. Zuviele Befragungen von zu vielen Unternehmen nerven Kunden zusehends. In den letzten Jahren haben wir über das Service Excellence Cockpit herausgefunden, welche neuen technischen Möglichkeiten wie bspw. die Sprachanalyse herausfinden können, wie ein Kunde tatsächlich eine Interaktion mit dem Unternehmen bewertet. Gerade bei der operativen Messung können solche technischen Möglichkeiten der impliziten Zufriedenheitsmessung wie eine Gefühlsanalyse helfen, die gefühlte «Befragungslast» des Kunden zu senken.

Fünf Kennzahlen, mit denen ein Kundenmanagement Cockpit noch wesentlich verbessert werden kann

5. Kontakte pro Kunde

Die Kennzahl «Kontakt pro Kunde» erweist sich als wichtige strategische Information. Gerade für die Ausstattung des Kundenservice in Wachstumssituationen ist die Kommunikation dieser Information in den Vorstand, die Geschäftsleitung wichtig, denn wenn der Kundenstamm wächst, werden im Service mehr Ressourcen gebraucht, wenn diese Zahl auch im Wachstum gleich bleibt. Hier kommen strategische Überlegungen bezüglich eines erweiterten Self-Service-Angebots ins Spiel. Werden vermehrt Self-Services genutzt, sollten die (menschlichen) Kontakte pro Kunde sinken. Im nach wie vor mitarbeiterintensiven Servicegeschäft ist das zwar eine Binsenweisheit, wird aber nach den Informationen, die wir im Service-Excellence-Cockpit erhoben haben, zu wenig beachtet. Andererseits verursachen beim Kunden schlecht implementierte Self-Services mehr Kunde-zu-Mitarbeiter-Interaktionen. Diesen Sachverhalt können wir bei einzelnen Unternehmen nachweisen und gezielte Verbesserungsvorschläge für Design und Kommunikation von Self-Services machen.

Man kann also verstehen, dass der KPI «Kontakte pro Kunde» strategisch eine Basiszahl für die Berechnung von Servicekosten und -budgets darstellt und daher immer gemessen und bei der Planung der Servicekapazitäten aufgezeigt werden sollte. Dabei muss festgehalten werden, dass es nicht darauf gehen kann, keine Kundeninteraktionen im Service mehr zu haben, da dadurch in der Regel auch Cross- und UpSelling-Potential verloren geht.

6. Self-Service Rate

Die Grundidee eines erfolgreichen Kundenservice ist es also festzustellen, bei welchen Dialogen Kunde und Unternehmen gleichzeitig Interesse am persönlichen Kontakt haben. Nur hier kommen wertstiftende Gespräche zustande. Ein bewährtes Analysewerkzeug ist in diesem Zusammenhang die von Bill Price entwickelte Value-Irritant Matrix:

Abbildung: Value-Irritant Matrix (erweitert nach Price/Jaffe 2006)

Besteht eine Interessendivergenz (hat also der Kunde ein hohes Interesse, eine Problemlösung zu erhalten und das Unternehmen schätzt diesen Kontakt vor allem als zusätzliche Kosten ein), sollte der Kontakt durch Self Services automatisiert werden. Das ist vor allem da spannend, wo Kunden immer wieder die gleichen Fragen stellen. In diesem Zusammenhang geht es häufig um das Verständnis der Funktionsweise von Produkten und Dienstleistungen. Die Royal Bank of Scotland (RBS) hat so beispielsweise zu den häufigsten Service-Vorfällen im Bereich des E-Banking unterhaltsame Erklärvideos produziert, die für den Kunden einen hohen Mehrwert darstellen. Ein anderer, in den letzten Monaten vieldiskutierter Ansatz, ist der Einsatz von Voice- oder Chatbots, wie ihn beispielsweise Swisscard AECS einsetzt, um einzelne Business Prozesse vollständig zu automatisieren.

Die Value-Irritant Matrix unterstützt jedoch auch im umgekehrten Fall, in dem das Unternehmen darauf angewiesen ist, dass der Kunde einen Kontakt mit dem Unternehmen hat und beispielsweise im Hinblick auf Compliance-Vorgaben bestimmte Informationen preisgibt oder bestätigt. Derartige Kontakte empfinden Kunden häufig als lästig. Hier gilt es, die Kontakte, wie beispielsweise einen Check-In oder Teilkontakte eines Prozesses wie eine notwendige Identifikation des Kunden, möglichst zu vereinfachen. Die vielfältigen Ansätze in mehreren Branchen zum Online-Self-Onboarding zeigen den Erfolg solcher Ansätze. Gerade das internationale Wachstum von Finanzunternehmen wie Revolut oder N26 zeigt auf, wie erfolgreich Unternehmen sein können, die gleichzeitig auf «Einfachheit» und «Automatisierung» setzen.

Doch wie kann ein Unternehmen nun konkret dieses Analyseinstrument einsetzen? Die meisten Kontaktanlässe kann man aus den operativen Contact Center Systemen herauslesen und mit den Werten aus dem Service-Excellence Cockpit vergleichen. Damit ist häufig auch klar, welche Kundenanliegen welche Kontaktvolumina verursachen. Doch gerade die Zuordnung zu den Quadranten ist firmenspezifisch. Beispiel gefällig? Während etwa eine Telekommunikationsfirma eine Adressänderung durch den Kunden als einen primär kostengenerierenden Vorgang einschätzt, wird ein Versicherer seine Verkaufschancen sehen, da er ja dem Kunden eine Haushalts- oder Wertsachenversicherung verkaufen kann. Wichtig ist daher, die Kosten- und Umsatztreiber des Unternehmens in der Tiefe zu verstehen. Gleichzeitig gilt es jedoch, auch die Sicht des Kunden und seine Einschätzung zur „Werthaltigkeit“ der einzelnen Dialoge des Unternehmens realistisch einschätzen zu können.

Die Kennzahl des Self Service Grades zeigt, wie gut das Unternehmen dies meistert!

7. Anteil Wertschöpfende Kontakte

Nur da, wo Kunden und Unternehmen gleichzeitig ein Interesse an einem persönlichen Dialog haben, entsteht Wertschöpfung für das Unternehmen in Form von Wissen, eingesparten Kosten und Cross- oder UpSelling. Der Anteil dieser Gespräche sollte zwingend transparent gemacht werden, um der Geschäftsleitung aufzuzeigen, welchen Wertbeitrag das Kundenservicecenter für die Unternehmung bringt. In Bezug auf die Ausschöpfung der werthaltigen Gespräche kann man abschätzen, welcher Mehrumsatz aus der zusätzlichen Gesprächszeit resultiert. Doch zusätzlich ergeben sich viele Fragen:

  • Wie können Dialoge genau nutzenstiftender gestaltet werden? Wie sieht die verbesserte Customer Experience aus?
  • Was passiert, wenn viele Anliegen deutlich weniger Manpower erfordern? Wo erfordern die verbleibenden Dialoge genau ein verändertes Skillprofil und damit Ausbildung?

8. Beschwerden pro Kunde

Beschwerden sind eigentlich etwas Positives, da das Unternehmen etwas daraus lernen kann. Dabei ist die Menge von Beschwerden nicht relevant, aber das Verhältnis zur Anzahl der Kunden ist wichtig für die Steuerung. Denn: Entstehen Beschwerden mehrfach, handelt es sich meist um Fehler des Unternehmens, die nicht behoben wurden. Es sind also streng genommen Kontakte, die weder das Unternehmen, noch der Kunde wirklich will. Wichtig ist also nicht den gleichen Fehler zweimal zu machen. Es geht darum solche Kontakte zu eliminieren. Und das ist die Basis für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Auch dieser Fall ist also über den Einsatz der Value-Irritant-Matrix abgedeckt. Wichtig ist aber im Anschluss zu verstehen, welche prozessualen Veränderungen notwendig sind, um Dialoge, die sich aus Beschwerden ergeben, zu eliminieren.

Wenn die Value-Irritant-Matrix also einmal steht, kann ein Unternehmen für jeden Case der Eliminierung, Vereinfachung und Automation einen kostenbasierten Business Case berechnen. Den Effekt dieser Cases kann man letzlich an den Servicekosten pro Kunde ablesen.

9. Servicekosten pro Kunde

Diese Zahl muss den Top-Entscheidern in Geschäftsführung und Vorstand vorliegen, damit sie diese mit Marketingkosten, Verkaufskosten und Produktionskosten vergleichen können. Ohne diese Information, können keine sinnvoll übergreifenden Entscheidungen zugunsten des Kundenservice getroffen werden. Mit dieser KPI im Cockpit sollte ein Kundenservice-Leiter jederzeit einen Platz auf der Traktandenliste der GL-Sitzung bekommen.

Darüber hinaus hat sich seit einigen Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich „schlechte“ Customer Experience nicht rechnet. Gerade im Kundenservice sind Kunden viel beharrlicher, wenn es darum geht, von einem Unternehmen eine verlässliche richtige Lösung zu bekommen als man denkt. So nehmen sie oft Wartezeiten in Kauf oder kontaktieren die Firma wegen desselben Problems mehrfach über verschiedene Anlaufstellen wie die Filiale, die Website oder das Contact Center. Um diese „unnötigen“ Kosten zu senken, benötigt das Unternehmen jedoch Steuerungssysteme, die auf die schnelle Lösung im ersten Anlauf (First Contact Resolution Rate) zu vertretbaren Gesamt-Kosten (Cost to Serve) abzielen. Auf der Basis dieser Informationen kann mit einer Value-Irritant Matrix beispielsweise über eine sinnvolle Automation oder eine Kompetenzentwicklung bei einem persönlich bedienenden Mitarbeiter entschieden werden.

Zusammenführung der Informationen zu einem Kunden-Cockpit und Ergänzung der einzelnen Werte mit Benchmarks aus dem Service-Excellence Cockpit

Überhaupt wird das Thema der Integration von Kostenbetrachtungen in das Kunden- und Service-Excellence-Management noch viel zu wenig methodisch unterstützt. Die Auswahl der richtigen KPIs trägt also dazu bei, Ansatzpunkte zu finden, wo man mit einer Verbesserung des Kundenerlebnisses beginnen sollte und hilft durch diese Priorisierung, Komplexität zu bewältigen und Fokus herzustellen.

Wichtig ist, mehrere Kennzahlen zu verwenden. Man kann beispielsweise den NPS, die Kundenzufriedenheit und den Customer Effort Score messen. Gleichzeitig sollte man über den Prozesskostenansatz verstehen, wo der wirtschaftlich grösste Hebel für das Customer Experience Management liegt. Schliesslich will jedes Unternehmen mit der konsequenten Ausrichtung auf den Kunden schlussendlich mehr Geld verdienen.